Bericht einer Freiwilligen aus der Einsatzstelle in Porto-Novo (Benin)
Ich bin Anna und verbringe mein Jahr mit drei weiteren Freiwilligen in Porto-Novo, Benin.
Vor meiner Ankunft dachte ich, dass ich an einer Schule Englischunterricht geben würde, aber dann ist es alles ganz anders gekommen, als gedacht:
Unsere Partnerorganisation MEV (Maison pour l’Emergence sociale et la Vie) hat unter anderem ein Mikrokreditunternehmen, welches speziell Frauen unterstützt. Der Leiter hat erfahren, dass ich mich auch dafür interessiere und ich neben der Arbeit in der Schule auch mal in das Projekt reinschnuppern würde. Und so arbeite ich nun bei MEV im Mikrokreditbereich und an der Schule „Le Bethel“ sowie in der Maternelle (Vorschule) „Les Grâces“.
Das Mikrokreditunternehmen von ist noch jung und es gibt zwei Angestellte; Rebecca und meine Gastmutter Grâce. Im Büro gibt es immer etwas zu lachen. Man lernt die Frauen im Programm und einen Teil ihrer Lebensgeschichte kennen. Viele von den Frauen verkaufen Joghurt, Baguette und andere Leckereien, und da sie fast jeden Tag in unser Büro kommen, gibt es immer wieder leckere Sachen.
Die Verständigung stellt eine kleine Herausforderung dar, da viele Frauen kaum Französisch, sondern nur Goun (eine von den vielen lokalen Sprache) sprechen. Ich habe mir schon ein paar Floskeln und Redewendungen abgehört und es scheint für die Frauen immer wieder amüsant, eine Europäerin Goun sprechen zu hören.
Rebecca, Grâce und ich haben ein paar Ideen entwickelt, wie man den Frauen nicht nur finanziell unter die Arme greifen, sondern sie auch darüber hinaus unterstützen kann.
In Benin sind die Frauen in der Regel hierarchisch unter den Mann gestellt und zu großen Teilen von ihm abhängig. Wir wollen ihnen zeigen, dass Bildung sehr wichtig ist und man damit autonom und selbstständiger werden kann.
Unser erstes Projekt war es, einen Alphabetisierungskurs zu organisieren. Agnes (eine zweite Freiwillige) ist bei diesem Vorhaben mit ins Boot gekommen. Zusammen konnten wir ein paar Leute aus Porto-Novo finden, die schon Erfahrungen in dem Bereich haben und mithelfen wollten. Wir haben sogar einen Lehrer gefunden, der auf Goun unterrichtet. Die Schwierigkeit war aber nicht, wie wir anfangs gedacht hatten, Bänke, Materialien und eine Tafel zu organisieren, sondern den Frauen eine Motivation zu geben. Zu Beginn kam auch mal vor, dass wir nur eine Schülerin im Unterricht sitzen hatten!
Aber mittlerweile hat sich ein fester Kern an Frauen gebildet, die regelmäßig kommen und auch schon echte Fortschritte machen.
Um ein paar Frauen eine weitere Möglichkeit zu geben, Geld zu verdienen, und ihre Kenntnisse zu erweitern, bietet MEV nun einen Seifenkurs an. Mit einer handvoll Leuten (nicht zu viel, weil sonst zu viel Konkurrenz auf dem Seifenmarkt in der Umgebung entstehen könnte) haben wir ausprobiert, Seife zu produzieren. Dazu haben wir uns bei einem Tischler eine richtige Seifenwerkstatt bauen lassen!
Unterrichtet wird der Kurs von Hélène, die Erfahrung in Sachen Seifenherstellung hat. Allerdings hatten wir Anfangsschwierigkeiten, es ist nämlich gar nicht so einfach, Seife herzustellen – wenn man schon in die falsche Richtung rührt, kann es schiefgehen!
Letztendlich haben wir es aber geschafft und die Seife wird jetzt erst einmal im Büro ausgestellt und verkauft. Aus dem Gewinn können wir dann wiederum Zutaten für die nächste Seifenproduktion kaufen. Wenn die Frauen sich sicher fühlen und sich zutrauen, eigenständig Seife herzustellen, dann können sie die Utensilien von MEV „mieten“ und brauchen nur ihre Zutaten zu kaufen, damit sie nicht gleich am Anfang so hohe Ausgaben haben.
Ein weiteres Projekt, das wir im Moment planen, ist ein Thementag rund um die Hygiene und die Gesundheit. Viele Frauen haben gesundheitliche Probleme, können aber nicht zum Arzt gehen, weil die anfallenden Kosten und die Medizin in der Apotheke zu teuer sind. Das hat zur Folge, dass sie sich gefährliche, aber eben preiswertere Medikamente auf dem Markt kaufen. Es soll beim Thementag unter anderem um Krankheiten wie Malaria, HIV/AIDS, Anämie, an der viele Kinder hier leiden, Schwangerschaft als auch um Themen wie die Gefahr von gefälschten Medikamenten und die Schädlichkeit von Aufhellungscremen, die die Pigmentation der Haut zerstören, gehen. In ein paar Monaten wird hier auch ein Informatikkurs angeboten, den meine Kolleginnen und ich unterrichten werden.
Einen Alltag gibt es hier kaum, weil es immer etwas anderes zu tun gibt, wie Informationen zu bestimmten Themen raussuchen, Materialien auf dem Markt kaufen oder sich mit Leuten treffen, die einem vielleicht weiterhelfen können. Insgesamt hätte ich mir keine bessere Einsatzstelle wünschen können. Man hat die Möglichkeit und Freiheit, Projekte mit aufzubauen und trifft auf motivierte Leute, die mithelfen wollen. Von den Projekten sollen nicht nur die Frauen profitieren. Wir wünschen uns, dass über sie der Gedanke von Bildung auch an ihre Kinder weitergegeben wird.
Manchmal ist es nicht einfach und es gibt auch immer mal wieder eine Phase, wo es nicht ganz so klappen will, aber wir haben es letztendlich immer hinbekommen. Also was man hier auf jeden Fall gut gebrauchen kann, ist Gelassenheit, Optimismus (weil es schon irgendwie klappen wird) und Kreativität.